Sonntag, 15. Februar 2004
Arbeit für alle
Deutschlandfunk weckt mich mit einer präzisen Analyse der verfehlten Arbeitsmarkt Strukturreform, die einerseits der überkommenen Vorstellung erliegt, durch genügendes immer anhaltendes wirtschaftliches Wachstum könne es Vollzeit-Arbeit für alle geben, der andererseits das Leitbild des von der Wirtschaft geforderten "flexiblen Arbeitskraftunternehmers" unterliegt, das einen enormen Druck auf die Arbeitenden erzeugt. (Das Bild vom nur noch auf seine Arbeit hin vernetzten Selbständigen, das in diesem Zusammenhang gezeichnet wird, ist mir und vielen Ex-Pixeln nur zu gut bekannt.) Beide Hebelpunkte verfehlen aber das eigentliche Problem, dass es nämlich nicht mehr Vollzeitbeschäftigung für alle geben wird, eine Tatsache, die im Grunde eine Vielzahl positiver Möglichkeiten birgt, wie Buckminster Fuller (und damit hab ich den Bogen zu meinen Zitaten) schon vor gut 30 Jahren in seiner Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde festgestellt hat:

"[...] Wenn wir die Industrialisierung studieren, sehen wir, daß wir keine Massenproduktion ohne massenkonsumption haben können. Sie wurde evolutionär bewirkt durch die großen sozialen Arbeitskämpfe um höhere Löhne, gerechtere Verteilung des Wohlstands und Verhinderung der Arbeitsplatzreduzierung. Die Arbeiterbewegung ermöglichte die Massenkaufkraft und damit die Massenproduktion; und daraus ergaben sich wiederum niedrige Preise für wesentlich verbesserte Produkte und Dienstleistungen. Alles zusammen begründete einen ganz neuen und höheren Lebensstandard der Menschheit.
Alle Gehaltsempfänger in unserer Arbeitwswelt einschließlich der Lehrer und Professoren haben jetzt - ob es ihnen bewußt ist oder nicht - Angst, daß die Automation ihnen ihre Arbeitsplätze wegnimmt.
[...]
Wenn wir aus der fabelhaften Fülle realen Reichtums, der nur darauf wartet, von Menschen intelligent eingesetzt zu werden, Gewinn ziehen wollen und wenn wir den Aufschub der Automation durch die Gewerkschaften durchbrechen wollen, müssen wir jedem Menschen, der arbeitslos ist oder wird, ein lebenslanges Stipendium für Forschung und Entwicklung oder auch nur für einfaches Denken geben. der Mensch muß es wagen können, die Wahrheit zu denken und entsprechend zu handeln, ohne fürchten zu müssen, seine Lebenskonzession zu verlieren. Die Ausübung der Geistesmitgliedschaft wird es den Menschen erlauben, ihre wissenschaftliche Forschung und experimentelle Entwicklung von Prototypen komprehensiv auszuweiten und zu beschleunigen."

In der Einschätzung des historischen Verlaufs dieser Entwicklung irrt Bucky denn aber doch ein wenig:

"Historisch gesehen: Diese Schritte werden innerhalb der nächsten zehn Jahre unternommen werden. Darüber gibt es keinen Zweifel. Aber dies geschieht nicht ohne viele soziale Krisen und ohne konsequente pädagogische Erfahrung und nicht ohne Entdeckung der Natur unseres unbegrenzten Reichtums."

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