Samstag, 30. Juni 2007
Zizek!
Das letzte (und erste) Mal, dass ich Slavoj Zizek live sah dürfte ziemlich genau 10 Jahre zurück liegen. Ich glaube, es war in einer Berliner Buchhandlung, irgendwo in Mitte. Ich erinnere mich aber nicht mehr genau, weder, mit wem ich dort war, noch worüber er gesprochen hat. Das einzige, an das ich mich sehr genau erinnern kann, ist seine körperliche Präsenz - der Bart, sein wildes Gestikulieren, sein verschwitztes Haar - und sein Akzent beim Englischsprechen. "Zizek!", der Film zeigt genau das: den schwitzenden, gestikulierenden, grammatisch fehlerfrei aber mit starkem slowenischen Akzent redenden "intellektuellen Rockstar" bei seinen Auftritten - und gelegentlich privat. Zizek ist unterhaltsam, es macht Spaß ihm zuzuhören. Er ist gebildet, eloquent, und er sagt dauernd Dinge, die Philosophiestudenten (das weiß ich aus eigener Erfahrung) gerne einen abgehen lassen, dass die Existenz von Leben, ebenso wie die Liebe, ein kosmischer Fehler sind, z.B.

In gewisser Weise hat Zizek die Aufgabe übernommen, die Aufgabe der Philosophen als Teil der Kulturindustrie zu entlarven, nicht indem er den geschlossenen Sprachmodellen der Autoren etwas entgegenstellt, auch wenn er im Film sich über die Unverständlichkeit und Distanziertheit der Sprache Derridas oder Lacans mokiert - sondern in dem er sein eigenes Denken aufmerksamkeitswirksam vermarktet. Und dabei doch immer wieder betont, ernst genommen werden zu wollen und all diesen Rummel zu hassen. Zizek ist voller Widersprüche: er mag die Menschen nach eigener Aussage nicht und zieht sie doch in Scharen an. Er möchte in seiner Sprache klar und direkt sein, sieht sich der Aufklärung verbunden - und verstrickt sich doch in einer, für die Postmoderne so typischen, assoziativ wirkenden Mischsprache aus Pop und Wissenschaftlichkeit.

Als Student habe ich mich des öfteren gefragt, warum so viele Denker sich selbst damit einschränken, dass sie irgendwann versuchen, ihr Gedankenmodell auf alles anzuwenden, selbst da, wo es offensichtlich zum Unfug führt (Baudrillard war mir immer ein gutes Beispiel, den ich sehr mochte, aber manchmal einfach Quatsch fand). Ich habe damals nicht verstanden, dass 1. Philosophie über den Diskurs funktioniert und es gar nicht darum geht, dass ein einzelner versteht, was die Welt im innersten zusammenhält, sondern vielmehr darum, dass diese und jene Spielpositionen besetzt sind. Erst in der Bezugnahme und Positionierung in einem Diskursfeld entsteht etwas Gesamtes, das manchmal Zeitgeist genannt wird, selten aber mehr ist, da 2. die Philosophie nichts bewirken kann, wie Zizek im Film auch deutlich macht. Sie ist ein geschlossenes Spiel mit offenem Ausgang, sie bereitet Freude und einen Erkenntnisgewinn insofern, als sie Probleme benennen kann, aber nicht beheben, nicht anders als die Kunst im übrigen. Und ähnlich wie dort besteht auch hier die Herausforderung darin, sich sein Leben lang immer wieder selbst zu variieren, um ein Großer zu sein.

Ob Zizek je einer der Großen wird, muss ich erst zeigen. Der Film ist ein Zwischenbericht und jedenfalls amüsant.

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Dienstag, 26. Juni 2007
Lalala!
2 DAYS IN PARIS
Frankreich, 2007

...ist ein schlichter unspektakulärer Film über die Liebe, über Franzosen und Amerikaner und über die Großstadt, der in den besten Momenten an Woody Allen erinnert. Julie Delpy braucht weder verklärte Poesie noch Pathos, um eine kurzweiligen, aber immer humorvolle Geschichte zweier normal neurotischer Mittdreißiger zu erzählen. Und die Musik dazu ist - Lalala - schön.

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Sonntag, 15. Oktober 2006
Neue Chance
Gut so. Palü ist weg. Stefan hat Potenzial. Wenn sie nur noch einen Ersatz für den ollen Bienzle finden würden. Beim letzten Schwabentatort hab ich kaum was verstanden. Und langweilig sind die sowieso immer... Oh... sehe gerade... vorgestern war mein 1000ster Blogtag...

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Freitag, 24. Februar 2006
Großartig
Nur damit ich es nicht vergesse:

ME AND YOU AND EVERYONE WE KNOW, USA 2005

ist ein großartiger Film mit einer großartigen Filmmusik. Wir sahen ihn am Mittwochabend im großartigen Caligari in Wiesbaden als Film des Monats im Rahmen des Exground Filmfestivals. Sicher, poetische, ruhige, verstörende Filme gibt es eine ganze Reihe und spätestens seit Erfolgen wie Amelie sind sie auch jenseits der Programmkinos angekommen. Aber Me and You... ist noch mal anders, lebt ganz von Miranda July, Hauptdarstellerin und Regisseurin des Films und ihrer ganz eigenen Sicht der Dinge, die sich auch wunderbaren in ihrem Weblog nachlesen läßt.

Und das zweite "großartige" (sorry für den infaltionären Gebrauch, aber heute muß es sein, auch der Himmel ist gerade großartig, die Sonne scheint) war der gestrige Auftritt von Le Jeune Matin im Jazzkeller in Frankfurt mit einem großartigen Oli Rubow am Schlagzeug und einer guten Mischung aus Jazz, Blues, Salsa, Psychedelic, Elektro...



Nun aber genug gelobhudelt. Jetzt gehts an den Wiring Prototypen, den ich gestern schon bauen wollte. (Oder doch erstmal eine Runde im Günterburgpark, den Kreislauf in Gang bringen?)

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Samstag, 3. Dezember 2005
Jenseits der Ferne
Gerade auf 3sat:

JENSEITS DER FERNE. Die stille Reise des Erfinders August Frommer,
Deutschland 2001/02

... ein poetisches Portrait eines 70jährigen Erfinders in einer bayrischen Kleinstadt, der seit seiner Kindheit versucht, ein Perpetuum Mobile zu bauen.

Der Erfinder August Frommer widmete sein ganzes Leben einer fantastischen Idee: Er wollte die "perfekte Maschine" konstruieren, das Perpetuum mobile. Entgegen jeden wissenschaftlichen Machbarkeitsgedankens war er diesem Traum treu geblieben. Bis zu seinem Tod im November 2003 hat er die Hoffnung auf ein Gelingen nicht aufgegeben. Johannes Kaltenhauser und Florian Vogel beschreiben das entbehrungsreiche Leben des Erfinders.

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Samstag, 15. Oktober 2005
Les Aventuriers
Als Jugendlicher habe ich

LES AVENTURIERS (Die Abenteurer), Frankreich 1973

im Fernsehen gesehen und seitdem hab ich die Bilder im Kopf wie von keinem anderen Film. Umso unglaublicher, dass es den Film mit Alain Delon und Lino Ventura weder auf VHS noch auf DVD zu kaufen gibt. Aber immerhin bin ich nicht der einzige, dem es so geht. Bin grad über Bronson draufgekommen, der gerade im ersten rumprügelt und der mit Delon in Red Sun vor der Kamera stand. Vor einigen Jahren gab es eine Spielshow, Fort Boyard, als ich sie sah wußte ich sofort, dass es die Festung aus der Schlusszene der Abenteurer war, wie gesagt, eine der beeindruckensten Schlußszenen, die ich je sah und auch noch nach bestimmt fast 15 Jahren präsent habe, obwohl ich sonst Filme sofort vergesse.

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Samstag, 12. Februar 2005
The Aviator
Am Samstagmittag verlassen wir Frankfurt auf der A66 Richtung Wiesbaden um in Höchst zum größten Möbelhaus des Rhein-Maingebiets und ins Main-Taunus Zentrum einkaufen zu fahren. Beides ist ein Reinfall. Die einzigen Sofas, die einen nicht sofort mit dem Gefühl biederster Spießigkeit überschütten, sind Rolf Benz Sofas, zu denen aber niemand was sagen kann und die auch nicht wirklich unserer gewünschten Preiskategorie entsprechen. Das Main-Taunus Zentrum ist ein große zugige Ansammlung von Beton und es gibt hier nichts, was es nicht auch auf der Zeil gäbe. Am Ende kaufen wir gar nichts und das Stück Donau-Welle, das wir beim Bäcker bestellen, besteht zur Hälfte aus einer kompakten Buttercreme, die nichts mit der Vorstellung einer leichten Kirsch Schoko Sahne Kombination zu tun hat, wie sie der Gedanke an Donau-Well eigentlich verspricht.

Also bleibt nur noch das Kinopolis, ein Multiplex Kino, dessen Name Schlimmes befürchten läßt. Um 16:15 läuft

THE AVIATOR, USA 2005

in der Originalfassung, also immerhin etwas. Es ist immer windiger geworden, also keine schlechte Idee, den Rest des verkorksten Nachmittags im Kino zu verbringen.

Ohne Zweifel ist The Aviator ein amerikanischer Film. Die Geschichte Howard Hughes ist die Geschichte des american way of life. Die Geschichte eines Selfmademan, der sich als Kind geschworen hat, Filme zu drehen und Flugzeuge zu bauen und sich als junger Mann diesen Traum erfüllt. Mit eisernem Willen und rücksichtlos sich und anderen gegenüber. Aber immer im Glauben an seinen Traum. "I am supposed to be eccentric. But I am not a Liar." sagt er, als er wegen Kriegsgewinnlerei auf die Anklagebank gezogen wird.

Dieser Glaube aber ist es, der längst nicht mehr nur Amerika antreibt. Der Konflikt zwischen dem hemdsärmeligen Macher und dem Bildungsbürger, der im Film in jener Passage deutlcih wird, in der Howard Hughes die Familie seiner Partnerin Katherine Hepburn besucht, einer Horde intellektueller liberaler Besserwisser, dieser Konflikt ist nicht nur der neuerdings immer wieder auf die Tagesordnung politischer Gesprächrunden beschworene Konflikt zwischen Amerika und Old Europe. Es ist auch ein Konflikt, der innerhalb Europas täglich neu gefochten wird: zwischen Unternehmern und Gewerkschaftern, zwischen postkommunistischen Schwellenländern und übersättigten Sozialdemokratien.

The Aviator führ diesen Konflikt geradezu dialektisch vor: Visionen und Tatendrang treiben die Entwicklung voran, aber sie verlangen, dass ihnen alles und jeder untergeordnet wird. Den Machern wie Howard Hughes geht es dabei nicht um Geld. Es geht ihnen um die Verwirklichung der Idee. Zugleich aber wird deutlich, wie die Vision eines einzelnen nur auf dem Nährboden gesellschaftlicher Entwicklung gedeien kann. Der Krieg, von jeher Vater aller dinge, förderte bekanntermaßen nicht nut den wehrtechnischen Fortschritt bis hinzur Erfindung der Atombombe. Bereits der erste Weltkrieg trieb entscheidend den Aufbau der Filmindustrie und die Entwicklung der Filmtechnik voran. Die mediale Speicherung und Übertragung des Krieges wird selbst zur Waffe. Und umgekehrt funktioniert die Filmindustrie nach Regeln des Krieges.

Martin Scorsese ist es wieder einmal gelungen ein Geschichtsepos in Bilder und Bewegung zu bringen, das weit über seine biographische Dimension hinaus auf immer noch gültige gesellschaftliche und kulturelle Zusammenhänge verweist. Als wir um halb acht das Kino verlassen ist der angekündigte Orkan bereits im Anmarsch. Wir steigen ins Auto und machen uns auf den Weg zurück in die leuchtende Stadt.

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Donnerstag, 25. November 2004
No Way Out
M: Wir sollten uns mal gelegentlich Gedanken über ein Ausstiegsszenario machen. Exit Strategy. R: Ich habe heute mein Lieblingsradiergummi verloren. So was kann dir wirklich den Tag verderben.

Während es draussen dunkel und kalt ist geht mir

DIE FETTEN JAHRE SIND VORBEI
Deutschland 2004

nicht mehr aus dem Kopf. Wir waren ihn heute im Eldorado ansehen, ein kleines Kino an der Ecke Bleichstr. Eschenheimer, wie gemacht für geheime Missionen. Der Film ist erstaunlich. Die Charaktere sind lebendig, die Aufnahmen teils poetisch, teils so nah dran am wirklichen Leben, dass man sich wiederfindet als Student, Anfang Zwanzig, mit Sprühdose in der Hand, auf Demos, im Knast nachm ersten Mai. In Berliner Altbauwohnungen. Nach Parties. Mit der Naivität, die man später oft belächelt. Mit Argumenten, die man später als zu kurz gegriffen und plump formuliert erkennt. Mit der Forderung nach Taten, die man später mit Analysen zerredet. Und mit einer Wut, die die Angst vergessen ließ, die aber nicht immer anhält. Die Story scheint zum Schluß hin nachzulassen und gerade als man glaubt, wieder einmal Zeuge eines jener sozialdemokratischen Versöhnungsenden zu sein, die seit Metropolis die Filmgeschichte bevölkern, nimmt sie dann doch die Wende: Manche Menschen ändern sich nie, geschrieben auf einem Blatt Papier, das ist alles, was die Bullen finden, als sie die Wohnung der drei Revoluzzer stürmen wollen...

R: Hat der Film in dir Sehnsucht nach Berlin geweckt? M: Hmm. Nicht nach Berlin. Nach einer bestimmten Zeit. R: Ja. Ging mir auch so.

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Montag, 26. Juli 2004
Peter Lustig
Gerade noch in den Schluss von

THE BIG LEBOWSKI,
USA 1998

reingeschaltet und R stellte fest, dass das Ende mit The Stranger eine verblüffende Ähnlichkeit mit Peter Lustig (ohne Brille mit Cowboyhut) hat. Also: einfach Abschalten. Zwinker zwinker.

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Dienstag, 20. Juli 2004
Wilder Planet
nach einem abend bei b&s in der richtigen stimmung, noch die längst fällige dvd einzulegen und das licht zu dimmen:

LA PLANETE SAUVAGE (The Fantastic Planet)
CSSR/Frankreich 1973

würde mit seiner bildwelt heute jedem guten strategieadventure anstehen, die zeichnungen stehn in der tradition des französischen comics, geht aber in seinem spacigen (sur-)realismus darüber hinaus. die musik ist psychedelische anfang 70er synthesziermusik vom feinsten.
die regie und das timing der animation sind präzise und dramaturgisch ausgefeilt. das alles liefert die perfekte form für die story: eine parabel über den modernen menschen, der sich selbst zum gott ernennt, in der umkehrung von tier und mensch werden die ebenen sichtbar der kommunikation zwischen mensch und der von ihm so gerne beherrschten natur.

"Basierend auf der französischen Science-Fiction-Erzählung "Oms en Serie" (Oms im Dutzend) von Stefan Wul, erzählt René Laloux Zeichentrickfilm La Planète Sauvage die Geschichte der Oms und der Traags. Die Oms sind Menschen, die von denTraags; blauen, humanoiden Riesen-Aliens, entweder als domestizierte Haustiere gehalten werden oder wie "wilde Tiere" in der freien Natur leben müssen. Die Geschichte spielt auf Ygam, dem Heimatplaneten der Traags. Wir begleiten den Erzähler, einen Om namens Terr, vom Kind bis zum jungen Erwachsenen, der die Oms zur Revolte gegen ihre Unterdrücker führen wird.Die französisch-tschechische Koproduktion wurde zum damaligen Zeitpunkt als Kommentar zur Invasion der sowjetischen Truppen in der CSSR gesehen, und musste aufgrund politischen Drucks in Paris vollendet werden. Beachtenswert ist die Phantasie, die in die surreale Atmosphäre, mit seinen seltsamen Gestalten und Landschaften, investiert wurde. Planète Sauvage gewann den Spezial-Preis der Jury in Cannes 1973." (Filmlexikon Cologne In)

die kollektivstory von heute abend folgt dann noch erst morgen...

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