Sonntag, 2. Dezember 2007
After Dark
Der Wind pfeift im Schornstein in der Küche. Es ist bereits seit eine Stunder dunkel, obwohl es erst 18 Uhr ist. Die Tage werden kürzer. Die Nächste länger. Das Wetter ist unwirtlich, man möchte am liebsten nicht mehr vor die Tür gehen. Soeben habe ich Murakamis Afterdark ausgelesen. Auf S. 202 sagt Grille zu Mari:

"Ich frage mich, ob die Erinnerungen für uns Menschen nicht der Kraftstoff sind, von dem wir leben? Ob diese Erinnerungen wirklich wichtig sind oder nicht, ist für das Weiterleben nicht von Bedeutung. Sie sind nur der Brennstoff. Zeitungsausschnitte, philosophische Texte, schmutzige Bilder, ein Bündel Zehntausend-Yen-Scheine - wenn man sie ins Feuer wirft, sind sie alle nur Papier. Während das Feuer sie verzehrt, denkt es nicht 'Oh, das ist ja Kant' oder 'Aha, ein Artikel aus der Yomiuri -Zeitung' oder 'Wow, tolle Brüste'. Für das Feuer sind das alles nur Papierschnipsel. Genauso ist es mit den Erinnerungen. Bedeutsame Erinnerungen, weniger bedeutsame oder solche, die überhaupt keinen Sinn haben, alle sind sie nur Brennstoff, ohne Unterschied."

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Freitag, 2. Februar 2007
transmediale 07 - unfinish
der erste eindruck: transmediale bleibt ein festival von skimützentragenden bärtigen jungs und farblos brille tragenden mädels in roten 70erjahremänteln. zum zweiten jahr in der akademie der künste ist die anreise bequem, aber die räumlichkeit gibt dem festival im 20. jahr etwas von der improvisierten bodenständigkeit aus podewil zeiten zurück. alles ist kleiner und wirkt unfertiger - das diesjährige motto des festivals. die lounge ist diesmal unten, auch sie ist wesentlich kleiner als einstmals im haus der kulturen, aber es hat was gemütliches. der erste programmpunkt auf meiner liste: arthur kroker und florian rötzers keynote. kroker habe ich vor jahren gelesen, denke ich, und als ich genauer nachdenke, merke ich dass es 10 jahre her sind, noch als student, ein büchlein im passagen verlag, das er mit seiner frau geschrieben hat, irgendwas mit hacking, der titel fällt mir grad nicht ein und wlan geht grad nicht, also hab ich noch ne gute halbe stunde zeit, rumzugehen, getroffen hab ich noch niemanden, vorne steht andreas broeckmann, der die leitung ja abgegeben hat, zumindest dachte ich das und entspannt genug sieht er heute auch aus, gelöst irgendwie. von den üblichen verdächtigen hab ich bisher niemanden gesehen, das publikum, wohl auch der tageszeit mitten in der woche geschuldet, ist recht jung und scheint sich hauptsähclich aus den allerorten sprießenden interactiondesign und media art studiengängen zu rekrutieren. die etwas älteren herrschaften sitzen an den tischen und scheinen in fach- oder gar geschäftsgespräche verwickelt, es hat etwas von den cafeecken einer messe, der buchmesse z.b., nur das drumherum hier ist weniger geschäftig, und je länger ich hier in der lounge sitze und mich umschaue, umso entspannter werde ich selber, und ich spüre so langsam das typische festivalfeeling aufkommen. also gut. transmediale im 20. jahr. und meine achte oder neunte. grund genug gleich mal ein bier aufzumachen.

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Mittwoch, 13. Dezember 2006
The Past...
...is a nice place to visit, but I don't think I would like to live there. Meinte Morrissey gestern abend in der Jahrhunderthalle.

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Mittwoch, 8. November 2006
Juliette...
...and the Licks. Live video stills.

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Samstag, 26. August 2006
schmidttag
nachdem der sommer gestern nachmittag ein letztes mal aufblitzte und uns über den umweg eines frühen sonnenbeschienenen feierabendbiers noch einen abschiedskater verschaffte sitze ich am morgen im ice nach stuttgart und durchfahre eine grau verhangene grüngelbe felderlandschaft. das ziel: marbach. bis sonntag wird dort im kürzlich eröffneten literaturmuseum noch arno schmidt - allerdings! gezeigt.

als ich in zuffenhausen aus dem fenster der sbahn schaue, regnet es in strömen. eine bahn huscht vorbei. ich lese ein wenig in einem bändchen über schmidt. der autor stellt einen vergleich mit dürrenmatts porträt eines planeten an. aber meine gedanken schweifen ab. zwischendurch kommen sms. dann wieder öffne ich das kleine powerbook und mache einige notizen zur ausstellung. ich bin müde und es ist zu warm fürs wetter. schmuddelwetter.

die schmidt ausstellung ist sehr gut gemacht, schwäbisch modern, linear aufgebaut, mit einer hervorragenden typoanimation zu beginn, die den besucher einstimmt auf seine wortakrobatik, 10 stationen gibt es insgesamt, darunter ein dunkler raum mit leuchtkästen in denen quadratische naturfotografien von schmidt zu sehen sind, ein roter samtzylinder, in den man den kopf hineinsteckt um erotische textpassagen gelesen zu hören und ein raum mit allen erhaltenen zettelkästen schmidts. und während man sich schritt für schritt in der chronologie voranarbeitet, sammelt man an jeder station ein kleines heft und hält schließlich am ende ein nettes begleitbändchen mit texten von und über schmidt in der hand. (einen katalog, der auch etliche der exponate abbildet, gibt es zudem). ein biographisches detail war mir völlig neu, das ich sehr interessant fand: schmidt hatte 1955 eine professur in ulm angeboten bekommen. leider stand dort nicht wofür. etwa textgestaltung? man stelle sich vor, schmidt hätte eine akademische laufbahn gewählt... - bei seiner späteren menschenphobie allerdings undenkbar.

das limo gebe ich mir dann natürlich auch noch, nexus, fluxus, stilus heißen die museumsbereiche bedeutungsschwanger, bleibe ein wenig bei handke hängen und bei blumenberg (arbeit am mythos) und celan & bachmann, schlage mich mit dem hitechgerät rum, dass einem kiloschwer um den hals hängt und einen durch die ausstellung begleitet, kaufe mir schließlich auch den katalog noch und mache mich auf den fussweg in den ort.

im gasthaus glocke sitzend hör ich erst die glocken "kein schöner land" spielend und dann die alte schwäbin am nachbartisch im unsäglichen dialekt schimpfen: "moch doi scheiss alloin" oder so. ich bestell den schwäbischen sauerbraten mit spätzle, empfehlung vom wirt und während ich warte schreibe ich einige gedanken nieder, eine notiz zu handkes briefbuch, das mich an 50 tage erinnert und daran, dass ich mir die restlichen briefe nun mal geben lassen und doch noch damit arbeiten sollte.

später, nicht ohne auf dem weg zum bahnhof an schillers geburtshaus vorbeigekommen zu sein (das erklärt natürlich einiges, dass schiller hier herkommt, ich bin ja mehr der goethianer) sitze ich in der sbahn nach stuttgart und höre eine minidisk, von der ich gar nicht mehr weiß, was drauf ist, bis dieser song kommt, last time von brutus bit me und er ist so verdammt gut und ich hoffe, dass sie ihn inzwischen wieder singt und aufgehört hat, ihre vergangenheit zu boykottieren. im anschluss kommt dann natürlich noch autopilot und während ich langsam einnicke sehe ich im augenwinkel, dass sich der himmel klärt, zumindest bis ich in stuttgart bin, da hängt er dann wieder schwarzblau über dem bahnhof, ich muss ne stunde warten, weil ich den letzten gerade verpasst hab, also lese ich berliner zeitung und konkret und beobachte schmidtisch-scharf, dass es eine menge schöner frauen gibt in stuttgart, die allerdings alle fürchterlich sprechen.

und damit hab ich mein schweigen gebrochen.

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Samstag, 8. April 2006
re/act
Im Hotel Wartburg läuft sphärische asiatische Musik, die sich schiegsam hinter die Lounge-Gespräche in der Hotelbar legt und eine gute Kulisse bietet, das Gespräch von Barbara Könches und Michael Saup beim re/act Medienfestival Revue passieren zu lassen. Die Einrichtung selbst ist ein totaler Design Clash, ganz anders als die Ausstellung, die Wolfram von Kontrast, Heidelberg hervorragend arrangiert hat. Die Arbeiten selbst sind ebenfalls bestens ausgewählt und die Atmosphäre ist sehr familiär. Die Location im Mannheimer Schloss absolut klasse und bestens genutzt, trotz widriger Bedingungen für die Verantstalter. Ein Geheimtipp. Jetzt ist J runter gekommen und wir nehmen noch einen letzten Cuba Libre. Morgen mehr.

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Freitag, 31. März 2006
Es hilft, die Welt durch den Rauch zu sehn...
Die Blücherstraße in Wiesbaden entlang laufen, blind, weil mir die Sonne ins Gesicht scheint, nur die glänzenden Regenpfützen vom Schauer vorhin im Augenwinkel. Im Café sitzen frühpensionierte Beamte. So wie hier wäre Deutschland überall, wenn es die Welt nur gäbe um Kaffee- und Trüffelnachschub sicher zu stellen. Es scheint logisch, dass Skandinavienfreunde hier leben.

Alles andere als Kaffehausatmosphäre verbreiteten die hervorragend gelaunten Tomte gestern in Darmstadt. Die Centralstation erwies sich wieder einmal als die beste Konzertlocation im Rhein-Main-Gebiet. Größe, Preis, Sound und Publikum stimmen hier. Und Tomte spielten fast zweieinhalb Stunden, kamen zu zwei Zugaben wieder auf die Bühne. Und hatten Spaß daran, ihre Instrumente kaputt zu machen. Sonst tun sie aber niemand weh und das ist auch OK. Manchmal sind wir halt doch zum Spaß hier.

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Montag, 27. März 2006
Abdullah Ibrahim
Abdullah Ibrahim in der Alten Oper. Die ersten drei Stücke war ich überrascht. Der ist alt geworden, dachte ich, Rhythmusprobleme im Zusammenspiel mit dem jüngeren Bassisten und Schlagzeuger. Die richtige Spannung fehlte. Oder fehlte mir der Sachverstand? Aber dann. Spätestens ab dem dritten Stück, so weit man diese Einteilung treffen kann, denn Ibrahim machte keine einzige Pause bis zum Ende des Konzerts, hatten sie sich gefunden. Oder ich mich eingehört. Es dauert immer bis sich Musiker warm gespielt haben, aber bei Vollprofis denke ich immer, das kann nicht in dem Maße sein, und dann fange ich an und weiß nicht mehr, ob ich es bin, der einfach braucht, bis er sich eingehört hat und am Ende des Konzertes würde ich gerne nochmal den Anfang hören und zwar genauso gespielt um es neu beurteilen zu können, besonders wenn sie mit einem guten Stück anfangen, aber die Möglichkeit gibt es ja für gewöhnlich nicht. Wie auch immer, nach ner Viertelstunde hat dich das Trio eingespielt und ich mich eingehört und es entfaltet sich dieser ganze eigene Sound, ein immer weitertreibender Rhythmus, der niemals auf den Punkt ist und selbst die Synkopen in einer natürlichen Getriebenheit nochmal verschleppt, dass es mich immer an Tierherden in der afrikanischen Savanne denken läßt. Und das gleiche passiert mit Harmonien und Melodien: schöne, fast eingängige Linien, die aber dann doch immer wieder ungewöhnlich aufgelöst oder von überraschend verschobenen Harmonien gestützt werden. Und das alles, wie der Rhythmus, ohne je ein Ende zu finden. Bass (Belden Bullock) und Schlagzeug (George Gray) setzen hier und da ein, treiben mit, schließen sich der Herde an, vor sich hingrinsend, auf einen Einruf Ibrahims reagierend oder auf ein schön umspieltes Motiv, dann wieder geduldig pausierend.

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Montag, 6. Februar 2006
vor der wand
es ist sehr kalt heute und die sonne bleibt ein kraftloser milchiger ball. den vierten tag in folge versuche ich den begriff reality addicts zu fassen zu kriegen, aber j hat recht: er macht keinen sinn, außer dass man so ziemlich alles darunter zusammenfassen kann.

das auditorium, in dem ich gerade sitze, füllt sich nur langsam zur award presentation, der große besucherandrang von gestern ist vorbei. es ist montag, ich denke an frankfurt, das mir plötzlich sehr weit weg scheint. langsam sollte ich meine rückkehr einleiten. die award nominees tragen zum teil lustige mützen. gemeinsam ergeben sie ein schönes gruppenbild. die klasse 06.

ich halte einen moment lang inne in meinen gedanken und frage mich, ob ich mir gerade flow wünsche oder stillstand und ich entscheide mich für letzteres und werfe der zeit einen stock zwischen die beine, alles bleibt stehen, im kopf hab ich einige tausend bilder gleichzeitig, keines bewegt sich, eine riesige videowand und jedes pixel ist wieder ein bild. das große still ist eine abstrakte komposition von licht und schatten, eine einfache organisch wirkende form in nahezu schwarz/weiß, eine merkwürdig geformte vase vielleicht, ein behältnis....

aber in diesem moment wird die award presentation eröffnet.

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Sonntag, 5. Februar 2006
No errors. Only mistakes.
Nach dem gestrigen Tag Pause von der Transmediale, wenn auch nicht von der Party im allgemeinen, obgleich die auch etwas kleiner ausfiel (im Kreuzberger avastar) als am Vortag, heute mal nen ordentlichen Festivaltag abgehalten.

Beim zweiten Besuch der Ausstellung gewinnen einzelne Arbeiten, nicht aber das Gesamtkonzept der "smiling machines". Anregend war der Versuch der Begründung einer Fehlertheorie (Mistakology) den Inke Arms, Claus Pias und Norman White in der Konferenz unternahmen. Unterhaltsam die selbst-bewußte Keynote von Jean Jaques Perrey, der morgen Abend in der Maria spielen wird. Sättigend das kroatische Essen dazwischen mit doppeltem Slivovitz.

Für heute solls aber reichen. Ein Tee mit Honig beim Erol Alkan TRASH Mix (vom 25. Januar im Londoner The End), der mit Interpols großartigem Evil beginnt und über Bloc Partys Banquet sich dann langsam in elektronische Gefilde weiter entwickelt und dann morgen gestärkt in den Berliner Wintertag.

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