Sonntag, 9. Januar 2005
Sonntag am Rand der Galaxis
Ein osterblauer Sonntag. Die rauchige kühle Luft macht den Kopf frei. Der Himmel variiert sich zum hundertsten Mal über Frankfurt, ein glänzendes Blau, changierend nach Blickrichtung wie der persische Seidenteppich auf dem Schlafzimmerboden. Leuchtstreifen wie stets über dieser Stadt. Eine Kolonie am Rand der Galaxis. Das Balkongeländer funktionert als Sonnenuhr und zerteilt den Blick auf Äste und Türme. Wenn ich hinausschaue erwarte ich, dass die Menschen hier lange braungelbe Gewänder tragen und obwohl man hier über Hochtechnologie verfügt, lebt man ein einfaches Leben, folgt man dem Stand der Sonne und der beiden Monde und erntet was man selbst gesät.

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Dienstag, 4. Januar 2005
Frankfurter, ich
Während die Packer noch zugange sind - 2 schwere Jungs aus Brandenburg, denen ihr Boss den Lift gestrichen hat, wegen der durch das zusätzliche Gewicht entstehenden Mautgebühr - mache ich mich auf den Weg zur Arbeit. Ich gehe die Rotlint hinunter, die im Licht einer warmen Wintersonne einen Vorgeschmack auf den Frühling im Frankfurt Nordend gibt.

Ich schließe kurz die Augen. Ich sauge die kühle Luft ein. Dann laufe ich hinunter zum Friedberger Platz. Es ist fast ein symbolischer Akt (wie mir später bewußt wird), dass ich heute erstmals eine Monatskarte für Frankfurt kaufe...

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Sonntag, 2. Januar 2005
Neujahr. Und Abschied vom alten.
Zwischen Umzugskartons und zerlegten Möbeln sitzen und ein letztes Mal bloggen aus der alten Wohnung, bevor ich den Stecker zieh. Es fällt mir schwer, mich von Dingen zu trennen, aber meine alten Möbel, nahezu allesamt vom Sperrmüll oder ausgemusterte Sachen aus dem Elternhaus, habe ich nun fast komplett verabschiedet. Das Schlafzimmer ist bereits leergeräumt für A und G unsere Nachmieter, das Wohnzimmer ein Kartonlager.

Vor drei Tagen war in dieser Wohnung noch ein rauschendes Fest. Das war im vergangenen Jahr. Im Moment kann ich gar nicht glauben, dass heute Neujahr ist und wir noch vergangene Nacht, bis es längst wieder hell war, durchgefeiert haben. Den ganzen Nachmittag war ich mit R am packen und räumen und vorhin waren wir dann noch einmal im NEUEN OFF, unserem Kino um die Ecke, wo Oceans Twelve lief, der mich für 2 Stunden zum Meisterdieb werden liess, bevor wir wieder nach Hause gingen, die paarhundert Meter, und ich mich fragte, wie weit das nächste Kino von der Rotlint entfernt ist, aber jetzt fällt mir eins ein, das an der Berger Straße in Bornheim Mitte und das ist zwar nicht um die Ecke aber besser als gar nichts, aber jetzt muß ich zu R, die Vorhänge abnehmen.

Noch zweimal an die Decke starrn und dann die Tür zu ziehn.

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Donnerstag, 30. Dezember 2004
Ende einer Ära
Die Straße ist laut und riecht nach Weihrauch und Wurstbraterei. Ich sauge die frische Luft ein und gehe die Herrmannstraße entlang, einen Dido Song im Kopf (den den Eminem verwendet) und wünsche mir einen Duisburg-Tatort fürs Nachmittagsprogramm.
Aber es nützt ja nix. Nach Currywurst und einem kleinen Einkauf bei Kaisers also wieder nach Hause. Die Wohnung ist ein Schlachtfeld, verwüstet vermint auf lange Zeit unbewohnbar und riecht nach Kneipe. Ich setzte mich allein an den Tresen. R schläft noch, ihr gehts nicht so gut, und M ist vorhin gegangen. Da ausser mir wirklich niemand da ist, auch der Barkeeper nicht, bleibe ich bewegungslos am Tresen sitzen, unruhige Bilder und Gedanken im Kopf.

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Dienstag, 28. Dezember 2004
Blick zurück im Suff
Berlin ist gelassen zwischen den Jahren. Während R mit Rotstift vor einem Stapel Klassenarbeiten sitzt, packe ich Umzugskisten mit dem Aufdruck "Leben ohne Drogen", ironischer Untertitel oder erhobener Zeigefinger zur letzten Nacht: J und N waren da und wir redeten und tranken bis in den Morgen hinein und erzählten Geschichten ums Trinken und Feiern und rekapitulierten die letzten Jahre Sylvester und während ich das schreibe denke ich, dass ich im vergangenen Januar diesen Blog angefangen habe und sehe: online seit 345 Tagen.

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Freitag, 24. Dezember 2004
Heimatfilm
Harald Schmidt ist zurück und feiert den "Spötter" (so als Typus) und ich die Tatsache, nun wenigstens einmal ein paar Tage frei zu haben, sowie eine neue Wandfarbe, von der ich mir immer noch nicht sicher bin, ob sie zu gelb ist und nicht doch ein wenig mehr ocker hätte vertragen können.

An Heiligabend sitze ich dann in einer jener Regionalbahnen, die dir das Genick brecheen, wenn du einmal erschöpft einschlafen solltest. Zwischen den Augenlidern blinzele ich hinaus in einen grauenschwarzen Himmel, der gelegentlich jäh auseinander reißt um eine milchige Sonne durch zu lassen und auf einen Fluß, von dem ich denke, dass es die Nahe ist. Der die das. Das Wasser ist bewegt und dunkelgrau. Die laublosen Wälder sind schwarz. Hinter Kirn taucht ein Fabrikgebäude auf, an dem steht: Simona.
Ich denke an Heimat 3 und dass Edgar Reitz den Hunsrückboden nun endgültig unter den Füßen verloren hat und dann schaue ich mich um, wer noch im Zug sitzt und es sind genau die, von denen ich schon in Frankfurt wußte, daß sie aus der Region sind. Man kann es sehen an den Physiognomien und an der Kleidung. wo sonst tragen junge Frauen Oma-Mäntel und rosa Pulli. Aber die menschen hier sehen auch sehr ordentlich aus, "akurat" ist vielleicht das richtige Wort, ich glaube, es hat mit der Regungslosigkeiot zu tun, mit der sie das Leben hinnehmen, oder mit dem Katholizismus, falls das nicht gar das gleiche ist.
In Idar-Oberstein fängt es zu regnen an und ich muß mich langsam auf die Ankunft vorbereiten. Der hyperaktive junge Glatzkopf mit dem Kraftwerk-Shirt, der zu Beginn neben mir saß, ein Käsebrot und 2 halbbraune Bananen verschlingend, fährt sicher noch weiter bis Saarbrücken.

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Montag, 13. Dezember 2004
Im Abseits
Zum zweiten Mal fahre ich mit Tram und Ubahn von der Rotlintstr. zur Arbeit. In der Tram schaue ich mir die erfrorenen Gesichter an. In der Ubahn lese ich Berliner Zeitung. Nicht aus Nostalgie, sondern weil wir sie noch bis Ende des Jahres bekommen. Und weil am Freitag im Feuilleton eine gekürzte Fassung der Rede zum Nobelpreis der Jelinek mit dem Titel Im Abseits abgedruckt war. An der Bockenheimer Warte lese ich anderes, ich würde gerne noch einige Stationen fahren.

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Sonntag, 12. Dezember 2004
Günthersburgpark
Sonntagsspaziergang bei klirrender Kälte. Das Bikinimädchen von C&A an der Bushaltestelle sieht lächelnd dem Kältetod entgegen. Die Bocciaspieler sind auch hier Rumänen oder Bulgaren, aber lauter als in der Hasenheide. Die Jogger im Günthersburgpark sind fast immer Joggerinnen. Männder sind Mimosen.

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Donnerstag, 9. Dezember 2004
Flüssiggas
Als ich in Bockenheim vom Rad steige kann ich mich kaum bewegen. Meine Beine fühlen sich an wie Flüssiggas. Es ist verdammt kalt. Aber die Sonne scheint.

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Uhrwerk Orange
Der Balkon und die umliegenden Dächer sind mit Rauhreif bedeckt. Es ist schneidend kalt. Ein orangefarbener Ball schiebt sich langsam hinterm Kirchturm empor. Man hängt hier immer ein wenig in der deutschen Romantik, zwischen Göttingen und Heidelberg, Jena und Tübingen....

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