Donnerstag, 9. Februar 2006
minuit
wir leben in französischen filmen
wir malen in sand
wir sehen wolken am blauen himmel
wir spüren die breakbeats im bauch, der lieder die uns vom schlaf abhalten
wir brauchen keine beweise, nicht mehr
wir sitzen
wir trinken
wir rauchen
wir schalten das licht aus und betrachten den mond

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Mittwoch, 8. Februar 2006
Der Zukunft zugewandt
Ein wenig später, während wir durch die Brandenburgische Steppe gleiten, höre ich den Alva Noto Live Mix vom Sonarfestival 2004, den J mir mitgegeben hat. Durch die grünbraun getönten Panoramafenster des Raumgleiters sehe ich weiterhin müde Felder schneerestbedeckt, zerrissen von kahlen Baumgruppen, eine Allee der nackten Buchen dort drüben, hier eine Wiese, die unter Wasser steht, dort drüben eine Gruppe mit Kiefernmütze, aber am Gleis gegenüber steht eine endlose Parade von Bahnarbeitern in blauen Hemden, die alle den Nicolaischen Gesichtsausdruck haben, eine abwesende Ernsthaftigkeit, mit der sie große Vorschlaghämmer auf die Schienen hinunterschnellen lassen, eine Mauer aus stählernem Rhythmus errichtend vor der weiten jetzt milchigen Landschaft, keine steife Stählernheit, sondern eine östliche, getrieben von einem Glauben an eine in der Vergangenheit geerdete Zukunft.

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Los rollen
Die Stadt ist graubraun gefärbt, ein schmutziges Sepia, als ich im ICE Richtung Frankfurt los rolle. Anni Friesinger auf dem Bahnmagazin deutet ein Lächeln an in meine Richtung, mit hochgezogenen Augenbrauen, die mich an act denken lassen. Zufrieden schaue ich auf die vielen Brachen, die es trotz Ordnungswahns noch zwischen Ostbahnhof und Zoo gibt und denke an das Gespräch mit dem Taxifahrer vorhin: Sie haben Berlin wegen Frankfurt verlassen? Nicht wegen Frankfurt, aber wegen einer guten Stelle, antworte ich pflichtbewusst und wahrheitsgetreu, denn so war es ja auch, aber heute, denke ich, fände ich das durchaus legitim: Berlin wegen Frankfurt verlassen, die Argumente habe ich allenthalben angeführt und nicht nur das heutige Wetter gibt mir recht, aber jetzt sind wir gerade am Zoo angekommen und der Sturm der Menschen aufs Abteil reißt mich aus den Gedanken.

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Dienstag, 7. Februar 2006
im flug
als es dunkel ist sitze ich immer noch da und schaue aus dem fenster auf den endlosen strom vorbeifahrender autos und immer noch spielt ein akkordeon. die taube an der wand befindet sich seit stunden im flug.

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unentschlossen
im ehrenburg sitzen und reden und den gedanken nachhängen über gespräche die man führte früher am tag und apfelschorle trinken weil man sich zum bier noch nicht entschließen kann und unentschlossen sein ob man nun fahren sollte und hinaus in den grauen verregneten glatteisigen tag schauen und yann tiersen hören und gedanken notieren in ein tesla programmheft das sich in der jackeninnentasche findet während j & m nun doch ein alsterwasser bestellen und unentschlossen sein und dem akkordeon lauschen und unentschlossen sein bis es dunkel wird und darüber hinaus...

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Gefährliche Zone
Nachdem es gestern abend alle Bürgersteige mitsamt vorhandenen Eiskrusten mit friedlichem Schnee bedeckte, regnet es heute morgen in Strömen und die Straßen sind überzogen mit einem Gemisch aus schmierigen Schnee, glatten Eisflächen und Zentimeter tiefe Wasserpfützen. Ein gefährliches Terrain für eben luxierte Patellas und nicht gerade eine freundliche Einladung, seinen Berlinaufenthalt noch zu verlängern.

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Freitag, 3. Februar 2006
ich fahr nach berlin
als ich um kurz nach drei in frankfurt in den zug steige, spüre ich bereits das bier das ich zuvor in der agentur getrunken hab. ich fahre durch ein bizarr-weißes nordhessen. ich falle in einen zusatnd zwischen heiliger stille und schlaf aus dem ich zuckend wieder aufwache. in fulda steigt die oma neben mir aus und so ein junger römertyp ein. jurist. alle drei minuten schlägt er seinen bgb kommentar auf um ihn gleich drauf wieder zuzuschlagen. macht das wohl zur gewissensberuhigung. ich spüre jene nicht unproduktive wut in mir aufsteigen die mich zu zeiten immer wieder überleben lässt. in kassel steigt er wieder aus und ich denke an die anderen die nun im bus nach österreich sitzen. einen moment kommen mir zweifel: wäre ich besser in zwei wochen zur berlinale gefahren? oder im märz zu berlin biennale? aber mit dem römer verschwindet die wut und schlägt um in feierwut. ich fahr nach berlin.

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Donnerstag, 2. Februar 2006
2 Monate
In zwei Monaten kann vieles geschehen. Aus Winter kann Frühling werden. Aus dem traurigknorrigen alten Baum im Garten eine stolze gut gelaunte Persönlichkeit. Aus der wärmenden Spätsommersonne ein ständig grauer Herbsthimmel. Das Jahr kann die Zahl wechseln. Menschen den Ort. Erinnerungen können verblassen, vergessenes plötzlich wieder auftauchen.
Die Auswanderer im 19. Jahrhundert legten in dieser Zeit den Weg in eine Neue Welt zurück. Zweimal könnte man mit der Transsibirischen von Moskau nach Peking und wieder zurück.

Aber manchmal geschieht einfach nichts. Und nichts ist nicht gerade das, was du erwartet hast, auch wenn du sonst nichts erwartet hast. Und genau dieses nichts ist es, was dich müde werden läßt über die Zeit und dich doch immer wieder wach rüttelt und du merkst, dass sich sehr wohl etwas getan hat, dass du dich mindestens so oft um deine Achse gedreht hast wie die Erde sich um die ihre, dass du unzählige Male in dieser Zeit den Weg in eine Neue Welt gewagt hast, und wieder zurück, weil es dort nichts und niemanden gab, der dich empfing, nicht einmal die Hoffnung auf ein neues Leben jenseits dessen, was bisher war.

Den Weg hast du wohl kennengelernt mit der Zeit und manchmal reicht es auch, das Gefühl unterwegs zu sein, die Segel gesetzt in den blauen Himmel, mit wechselndem Kurs, nutze den Wind, die nächste Flaute kommt bestimmt.

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Mittwoch, 1. Februar 2006
My reasons why
Ein kühler Tag an der amerikanischen Ostküste südlich von New York City. Ich rutsche zum tausendsten Mal vom unbequemen Barhocker, der bärtige Wirt stellt mir jedes Mal, wenn ich rutsche, ein neues Bud vor die Nase. Der Wirt trägt ein rostrotes Hemd, draußen in der Dunkelheit spült das Meer kleine Wellen an den weißen Strand. Es ist wenig los, drüben am Tisch sitzen zwei Studentinnen mit Dauerwelle und kichern.

Irgendwann greife ich zur Gitarre und gehe hinaus. Auf einer kleinen hölzernen Bank lasse ich mir den salzigen Wind durch die langen strähnigen Haare fahren. Ich ziehe den Hut ins Gesicht und fange an zu spielen. Ich bin Blaze Foley und heute habe ich tausendundein Budweiser getrunken und morgen fahre ich nach Hause nach Austin. Es ist der erste Februar 1989.

If I could take my reasons why
and make them sound to you
like they seem to be when I'm feeling strong.

If I could have a wish come true
I'd bring it home to you
I ache to get my feet back on the ground.

When I come home to you again
can I hold you in my arms?
Will I have a place beside you there?
Will my place be gone?

If only we could read between
the lines that we have drawn
we could find each other waiting helplessly.

I only hope the time will last
and this won't take too long
and we'll find each other waiting patiently...


(Michael David Fuller, aka Blaze Foley, wurde heute vor 17 Jahren in Austin, Texas erschossen.)

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Montag, 30. Januar 2006
Warum
Your boat will not stop moving... Im spitzen Winkel zur tauben Bürofensterscheibe fällt die Januarsonne mir in den Rücken und zerstückelt meine Gedanken in unzusammenhängende Fragmente. Die Sonne wärmt und es ist einer dieser Momente, wo ich bedaure, nie wirklich reiten gelernt zu haben, trotz der Pferde zu Hause, wie großartig wäre es nun, über Felder zu jagen, den kalten Wind im Gesicht.

Zum dritten Mal hintereinander höre ich A time to be small: when the cadaverous mob/saves the doors for the dead man/you can not leave im Wechsel im Evil: Sandy why can't we look the other way?/Why can't we just play the other game?/Why can't we just look the other way?. Ich steige nicht dahinter, was der Text will, aber ich ahne es.

Und die Frage Warum? kann auch ich nicht beantworten, weil ich es selbst alles nicht verstehe, aber ich ahne, dass es so sein muss. Und hieße Gelassenheit nicht, dieser Ahnung zu folgen?

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