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Dienstag, 10. April 2007
Breaking up
Heute hab ich mit Alice Schluss gemacht. Eine solch unzuverlässige Beziehung braucht kein Mensch.
(Am Merianplatz scheint die Sonne).
(Am Merianplatz scheint die Sonne).
Von marcosz, 13:17 Uhr
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Flugtag
Die Luft riecht frisch und nach Sommerurlaubmorgen, als ich auf den Balkon meiner Plattenbauwohnung trete. Die Vögel liefern den Soundtrack. Es ist erst acht, aber ich habe schon Post erledigt und die Reisetasche gepackt. Um kurz nach sechs wurde ich von einem Mitarbeiter des Communicator Services geweckt. Seit Wochen gab es Störungen mit dem Datennetz und sie stellten sich möglichst ungeschickt an. Am Ende ist es gut so. Es ist ein wunderschöner Morgen und ich nehme mir vor, den Sommer über früh aufzustehen. Es erinnert mich an meinen ersten Job, mit 16, in der Fabrik. Wir fingen morgen um fünf an zu arbeiten, also stand ich jeden morgen um halb fünf an der Straßenkreuzung und wartete auf den alten Mercedes Kombi, der mich mitnahm. Ich sah den Dunst über dem Tal am Ende des kleinen kaukasischen Dorfes. Der Himmel ist strahlend blau heute. Ich setze die Pilotenbrille auf. Nachher werde ich die Antonov aus dem Schuppen holen.
Von marcosz, 10:16 Uhr
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Sonntag, 8. April 2007
Ostersonntag
Als ich am kommenden Morgen aufwache, scheint die Sonne. Durch das verstaubte Fenster der Datscha kann ich den Kirschbaum sehn. Ich räume auf und fahre zurück in die Stadt. Zuhause springe ich unter die Dusche und entscheide mich dann doch für ein Bad. Zum ersten mal seit Jahren - bis auf eine Ausnahme, eine Nacht im Hotel, auf den Cepheiden - bade ich. Ich liege im heissen Wasser und habe den Vorhang zurückgezogen, dass ich den Himmel sehen kann. Er ist blausilbrig und wolkenlos. Ich schließe die Augen und summe Sams Lied. Später gehe ich in den Park, ich schlenderte umher und seh den Balkaniern beim Boule spielen zu. Überall im Park, in Astgabeln und Büschen und hinter Parkbänken, sind Ostereier versteckt.
Im Park treffe ich Hank, er ist gerade erst zurück aus Baikonur und soll mir schöne Grüße ausrichten von einigen Kosmonauten, die auf kurzer Zwischenstation im Hafen waren. Sie hätten versucht mich zu erreichen, sagten sie ihm, und mir mehrmals eine Nachricht hinterlassen. Ich solle mich doch mal melden. Ich murmelte etwas von defektem Communicator und dass ich mich bei ihnen melden würde und wünschte Hank noch schöne Ostertage.
Die Wahrheit war: ich hatte die Nachrichten gehört. Die Kosmonautin hatte angerufen und Doctorow, aber im Grunde hatten sie mir nur gesagt, dass sie eigentlich nichts zu sagen hatten. Deshalb gab es auch keinen Grund zurückzurufen. Wenn mir jemand wirklich etwas sagen wollte, gab es Wege dies zu tun. Jeder muss für sich Entscheidungen treffen. Ich hatte meine getroffen.
Im Park treffe ich Hank, er ist gerade erst zurück aus Baikonur und soll mir schöne Grüße ausrichten von einigen Kosmonauten, die auf kurzer Zwischenstation im Hafen waren. Sie hätten versucht mich zu erreichen, sagten sie ihm, und mir mehrmals eine Nachricht hinterlassen. Ich solle mich doch mal melden. Ich murmelte etwas von defektem Communicator und dass ich mich bei ihnen melden würde und wünschte Hank noch schöne Ostertage.
Die Wahrheit war: ich hatte die Nachrichten gehört. Die Kosmonautin hatte angerufen und Doctorow, aber im Grunde hatten sie mir nur gesagt, dass sie eigentlich nichts zu sagen hatten. Deshalb gab es auch keinen Grund zurückzurufen. Wenn mir jemand wirklich etwas sagen wollte, gab es Wege dies zu tun. Jeder muss für sich Entscheidungen treffen. Ich hatte meine getroffen.
Von marcosz, 19:29 Uhr
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Replay
Und dann gab es da noch den Augenblick, als Sam ihre Gitarre nahm und zu singen begann und der Himmel mit einem Mal wolkenlos war und wir die Sterne sehen konnten. Selbst die, die es längst nicht mehr gab. Wieviel mehr man doch sah, von hier unten. Und ich steige noch einmal aus dem Shuttle. Ein letztes mal gehe ich die Gangway hinab.
I've had to let go of so much
It's hard to hold on now
Something far off is pulling me and
When I go this time I don't think I'm coming back
I've had to let go of so much
It's hard to hold on now
Something far off is pulling me and
When I go this time I don't think I'm coming back
Von marcosz, 14:48 Uhr
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BBQ
Ein paar Tage nachdem ich aus der Wüste zurück bin, fahre ich zur Datscha meines Großvaters, um gerade an dem Tag die Grillsaison zu eröffnen, als ein kalter Nordost über die Stadt zieht. Die Leute kommen trotzdem, in dicken Westen und Mänteln, alte Bekannte und neue sitzen wir abends zwischen wilden Kirschbäumen am Rande der Stadt. Die Sterne blitzen nur manchmal zwischen den Wolken auf. Im Schuppen lugt die alte Antonov hervor, auf der ich als Junge meine ersten Flugversuche unternahm, ich werde sie mal wieder in Betrieb nehmen, denke ich, aber noch nicht, ich habe Zeit, viel Zeit, und ich schaue mich in der Runde um und muss daran denken, wie sehr mir das gefehlt hat, in all den Jahren im All. Die Ruhe, der Geruch der Erde und des offenen Feuers und der Kirschblüten und das Rauschen des Windes.
Ich sehe zu Mika hinüber, der Schoten erzählt aus seiner Schulzeit in der östlichen Zone und die Gesichter der anderen lauschen und lachen, nicht laut, es sind stille Menschen hier, jeder hat genug gesehen, die Gesichter erzählen Geschichten und haben nichts gemein mit den glatten Masken der Kadetten, die jedes Jahr neu an Bord kamen, strotzend vor Ehrgeiz, der ihnen meist schon in den ersten Wochen ausgetrieben wurde oder den verschlagenen Mienen der Freibeuter, die umherzogen in den Randgebieten, auf der Suche nach schnellem Geld, oder den gehetzten neurotischen Blicken der fliegenden Händer, die es irgendwann einmal hierher verschlagen hatte, auf der Flucht vor einer besseren Wahl. Ich schaue zu Mika und den anderen in der Runde und ich sehe Gelassenheit und Mut, Mut, den Dingen zu begegnen wie sie sind und ich lege noch ein Steak auf den Grill und schüre das Feuer.
Kurz bevor er geht, fragt Jorge, der Lehrer, ob ich nicht einmal in der Schule vorbeikommen und von meinen Raumreisen erzählen möchte. Raumzeitreisen, korrigiere ich ihn, mit bedeutungsvoll selbstironischem Ton, und: Ich werde darüber nachdenken. Vielleicht mache ich das eines Tages....
Ich sehe zu Mika hinüber, der Schoten erzählt aus seiner Schulzeit in der östlichen Zone und die Gesichter der anderen lauschen und lachen, nicht laut, es sind stille Menschen hier, jeder hat genug gesehen, die Gesichter erzählen Geschichten und haben nichts gemein mit den glatten Masken der Kadetten, die jedes Jahr neu an Bord kamen, strotzend vor Ehrgeiz, der ihnen meist schon in den ersten Wochen ausgetrieben wurde oder den verschlagenen Mienen der Freibeuter, die umherzogen in den Randgebieten, auf der Suche nach schnellem Geld, oder den gehetzten neurotischen Blicken der fliegenden Händer, die es irgendwann einmal hierher verschlagen hatte, auf der Flucht vor einer besseren Wahl. Ich schaue zu Mika und den anderen in der Runde und ich sehe Gelassenheit und Mut, Mut, den Dingen zu begegnen wie sie sind und ich lege noch ein Steak auf den Grill und schüre das Feuer.
Kurz bevor er geht, fragt Jorge, der Lehrer, ob ich nicht einmal in der Schule vorbeikommen und von meinen Raumreisen erzählen möchte. Raumzeitreisen, korrigiere ich ihn, mit bedeutungsvoll selbstironischem Ton, und: Ich werde darüber nachdenken. Vielleicht mache ich das eines Tages....
Von marcosz, 14:27 Uhr
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Samstag, 7. April 2007
Ausfahrt
Die Straßenlaternen erleuchten rhythmisch den Innenraum meines Fahrzeugs, obwohl es draußen noch hell ist. Ich kann mich nicht entscheiden zwischen s/w und Farbe. Arizona. In der Ferne liegt die Stadt. Der tiefblaue Himmel läuft an den Rändern in Schwarz aus. Der Wagen vor mir erscheint grell und rot und unscharf. Ich kneife die Augen zusammen. Bei Track 10 dreh ich die Lautstärke hoch. Ich würde gern mitsingen, aber ich kenn den Text nicht. Die Tachonadel zittert weiter nach rechts. Ich möchte das Meer sehn heute.
Von marcosz, 13:35 Uhr
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Mittwoch, 4. April 2007
Eiskristall
Es ist windig. Der Himmel ist blau. Ich trage meine alte tiefblaue Dienstjacke. Ich habe ein Abzeichen am Revers, welches den mit der Raumfahrt vertrauten erkennen lässt, dass ich raus bin. Schwarzes Eiskristall auf weißem Rund. Es glänzt neu und sauber in der Sonne. Daneben die Skyline der Stadt. Ich habe die Jacke eine Weile nicht getragen, nur neulich, kurz, bei einem Heimaturlaub, als ich mit der Kosmonautin durch die Stadt lief. Als ich das Eiskristall anbringe, spüre ich ein Stück Papier in der oberen Aussentasche. Ich öffne sie und entfalte das auf A6 gebrachte Blatt. Mit Bleistift sind dort Hotels aufgeführt, ein Businesshotel, eines das Parkhotel heißt und noch ein drittes. Ich erinnere mich an jenen Aufenthalt auf der Raumstation, als das letzte große Abenteuer begann. Ein halbes Jahr liegt das nun zurück. Ich falte das Blatt zusammen und stecke es zurück in die Tasche. Sie drückt ein wenig, dort, wo das Herz schlägt. Es ist windig. Der Himmel ist blau.
Von marcosz, 23:57 Uhr
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