Donnerstag, 18. Mai 2006
Rote Wüste
Also gut, wie man so lustlos hässliche und unfertige Häuser in die Landschaft stellen kann wie die Spanier (das gleiche sieht man ja an der Costa del Sol oder anderswo) versteh ich zwar immer noch nicht, aber spätestens seit gestern hat Teneriffa mich rumgekriegt. Was für Anaga galt, gilt nun alle mal: ich werde keine Worte finden für den Teide und den ihn umgebenden Nationalpark. Am Gipfel waren leider sämtliche Wege gesperrt, da dort immer noch Schnee lag und man die teils sandalentragenden Touristen nicht dorthin lassen wollte, was ein älteres deutsches, mit der perfekten Ausrüstung - von Bergsteigerstöcken bis Canon DigitalSLR mit Teleobjekt - bestücktes Ehepaar zu einigen Unmutsbekundungen veranlasste.



Vom Teide selbst bin ich ein Stück in die rote wüste hineingelaufen und dann zu Fuß zum Parador del Turismo um von dort mit dem Bus zurück zu fahren (ach ja, das Busfahren, wäre eine eigene Geschichte, die man vielleicht schreiben sollte, denn mir jedenfalls hätte es am Montag sehr geholfen, die ungeschriebenen Gesetze der hiesigen Busfahrer - allesamt arrogante A.... - zu kennen).



Vom Teide zurückgekommen, hab ich gestern noch einen Tagesausflug nach Gomera gebucht und bin dann kurz im Hotel Botanico vorbei, um Heike, La Scretaria Direccion, kurz zu besuchen. Sie war es auch, die mich vorgestern abend davor bewahrt hat, den fürchterlichen Alleinunterhalter im Teide Mar zu töten, wir machten eine kleine Bartour im Nordosten von Puerto mit Hühnchen essen und Cuba Libre trinken, der hier aus einem zu Zweidritteln mit goldenem kanarischen Rum gefüllten Longdrinkglas mit einer kleinen Flasche Cola besteht... also dem kubanischen Original sehr ähnlich ist. Heike lässt im übrigen alle die das hier lesen und sie kennen (also M und F in Berlin, N in Frankfurt...) grüßen und ich an der Stelle die durch Hs Mundpropaganda hinzugekommenen, besonders K. und A.

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Dienstag, 16. Mai 2006
Der perfekte Tag
Gegen mittag fahre ich mit Julio im VW-Bus nach La Laguna, wo wir kurz bei ihm zuhause halten, seine Mutter stellt gleich selbstgemachten Ziegenkäse auf den Tisch, bis Juan kommt und wir uns auf den Weg mit dem Bus nach Anaga machen, von wo wir die Berge hinunter wandern zum Meer nach Punta del Hidalgo, nicht ohne vor der richtigen Bergstrecke noch 2 Bier in Los Cabaneros zu nehmen. Die Bergtour dauert gut zwei Stunden und ist grandios. Eine Vegetation wie im wilden Westen und ein Blick, der einen ewig gefangen halten könnte, müsste man nicht auf den steinigen Bergpfad achten. Das Wetter ist perfekt, nicht zu heiß und nicht zu kalt. Der Himmel ist blau mit kleinen blauweißvioletten Wolkenhaufen, die sich in der Ferne direkt auf dem Meer niederlassen. Nach etwas mehr als der Hälfte des Weges sind wir an einem Punkt angekommen, von wo man unten schwarzsandige Badebuchten am grünschäumenden Atlantik sehen kann, die man nur mit dem Boot erreicht. Die Strecke ist unbeschreiblich grandios, und deshalb versuche ich auch gar nicht sie zu beschreiben, aber endlich unten angekommen, springen wir in den Atlantik und das Wasser ist warm und erfrischend. Als wir dann noch ein ganzes Stück an der Küste lang gelaufen sind kommen wir gegen sechs im Hafen von Punta del Hidalgo an, wo wir Calamares essen und papas con mojo verde, einer grünen Paprikasoße (mit Koriander, was vielleicht nicht jedermanns Sache ist, aber ich mag es, es schmeckt sehr gut, besser als das rote mojo rojo, finde ich zumindest).




Von Hidalgo nehmen wir den Bus zurück nach La Laguna, und es ist 9 und gerade wieder ein kitschiger Sonnenuntergang, als wir zurück nach Puerto kommen. Im Hotel dusche ich kurz und gehe noch auf einen Drink in die Tasca nebenan, wo die Berliner von gestern morgen sitzen und der Wirt Schoten erzählt aus den 70er Jahren, als in Puerto noch Geld war und Leben und 20 Diskotheken und er in einem Mazda 606 gleich 8 Frauen bei sich hatte, von denen er mit 7 zusammen war. Ich trinke einen kanarischen Rum, einen Arehucas Oro, ich hatte schon vom kanarischen Rum gehört und ich muss tatsächlich zugeben, dieser übertrifft an Milde und Leichtigkeit den alten Havana Club und dann mache ich mich auf den Weg zurück ins Hotel um diese Zeilen zu schreiben und mir die Fotos vom Tag anzusehen.

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Samstag, 13. Mai 2006
Kitsch
Meine Anwesenheit verjüngt den Altersdurchschnitt im Teide Mar erheblich. Es ist aber auch nicht gerade viel los. Beim Abendessen sitze ich mit drei deutschen Rentnerpaaren im Speisesaal, eines davon aus Berlin und ich finde es schön, mal wieder Berlinerisch zu hören und zwar eines, das Zille persönlich alle Ehre gemacht hätte.

In der Hotelbar, die diesen Namen allerdings überhaupt nicht verdient mit ihren spießigen Tischen und Sesseln, spielt eine kanarische Kopie eines spanischen Sinatra-Verschnitts My Way am Alleinulterhalterkeyboard, die ersten Rentner machen Anstalten zu tanzen, ich schreite zügig durch den Raum und nehme den Aufzug, der allerdings keinen Deut mehr Vertrauen geniesst, als der Entertainer von nebenan, rumpelnd und ächzend fährt der Kasten nach oben, bei meiner ersten Fahrt hat er mich gleich runter und nachdem er kurz hängen blieb wieder hoch in falsche Stockwerke geschickt, seitdem meide ich den rechten Aufzugschacht.

Zurück im Zimmer, in dem übrigens zweimal das gleiche Bild nebeneinander an der Wand hängt, scheint die Sonne genau zwischen zwei Hotelgebäuden hindurch auf meinen Balkon und während ich dies schreibe, sind meine Fingerkuppen in abendsonniges Orange getunkt. Wenn ich mit dem Teleobjektiv ganz nah ranfahre entsteht ein Fototapetenkitschbild.



(edit 23:25 zwei stunden später spielt der alleinunterhalter immer noch. aber die gäste sind längst gegangen...)

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Pferdeflüstern
Ich sitze in der kleinen Tasca vom Reitstall und kann H durchs schmutzige Fenster beim Reiten zusehen. Hier in der Höhe ist es abends schon ziemlich kalt, besonders wenn man Flipflops trägt und nur ein Hemd. Also sitz ich hier drinnen mit nem ordentlichen Bier (Dorada) und schaue in den Sonnenuntergang....

Soweit der Eintrag von gestern abend. Als es noch friedlich war in der Tasca. Schließlich endete das ganze ziemlich feuchtfröhlich nach unzähligen Runden Bier mit Reiner dem Reitlehrer, Sari, der Finnin, die seit 20 jahren auf teneriffa lebt, genauso lange wie Ronda, die Engländerin, mit Julio und seinen kanarischen Lausbubenverwandten und Freunden. Und mit Dana, dem Hund.

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Freitag, 12. Mai 2006
Rückblick
Dieser Freitag war vor einem Jahr ebenfalls ein 13. und mittags, etwa um diese Stunde Ortszeit, landete ich in Newark, NJ, wo ich erst einmal, nach Fotomachen und Daumenabdruck, eine Stunde warten muss, weil ich mich der dicken schwarzen Zollbeamtin gegenüber wohl doch etwas zu salopp ausgedrückt habe ("am I supposed to smile?" "You ask too many questions"), bevor ich einer wunderschönen neuen Welt entgegentrat. Aber jede Welt hat ihre eigenen Regeln und damals kam ich noch nicht einmal mit meinen eigenen klar.

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Kopfstand in Rückenlage
Am Mittag liege ich eine kleine Ewigkeit rücklings auf dem warmen Beton am Pool und starre sonnenbrillenbewehrt in die Wolken. Ich versuche, sie zu lesen, aber sie sagen mir nichts. Sie bewegen sich, verändern sich, bis sie mit einem Mal innehalten und dann halte auch ich die Luft mit ihnen an und wäre da nicht diese kleine gleißende Scheibe am unteren Bildrand, ich könnte schwören, die Welt hat sich Kopf gestellt und ich schaue hinab und kann dort hinter dem tiefvibrierenden Blau Land erkennen. Ich, Pilot. Once a day.

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Mondfahrt
02:38. Im Flugzeug vor Abflug.

Wie immer legt sich die Unruhe sobald ich meinen Platz im Flugzeug eingenommen hab. David Gray läuft über die Bordanlage und man hätte meine Stimmung nicht besser treffen können. Sail away with me, honey. Um mich herum Pärchen. Urlauber. Ich gehöre nicht hier her. Ich bin alleine. Ich schreibe regungslos in mein Powerbook hinein. Die Maschine ist nur halb voll. Ein Lufthansa WLAN Spot meldet sich, 5 Euro für 24h, T-Mobile wollte in der Lounge noch 18 Euro dafür.

Ich melde mich an. Dann will ich was ins Tagebuch schreiben, aber Blogger ist down. Immerhin schaffe ich es noch, die Aufwandsschätzung an D rauszuschicken, bevor wir abheben. Was für ein chaotischer Tag. Dass ich überhaupt hier sitze ist reine Glückssache. Schließlich sollte ich in diesem Moment bereits in einem Hotelbett auf Teneriffa liegen...


04:31. Auf dem Flug nach Teneriffa

John Frusciante über den Wolken zu hören ist ein Experiment, das gelingt. Während ich hier oben sitze, das kleine Licht am Ende der Tragfläche im Augenwinkel, alle um mich herum schlafen, denke ich an die Menschen dort unten. Wer schläft? Wer wacht? Ich sehe sie vor mir, jeden einzelnen, in mondlichtgetränkten Schlafzimmern, einsam oder mit Freunden an Küchentischen sitzen, in den Clubs, nachtwandelnd. Dann kommt mir ein Gedanke. Wer Addition mag, muss das Leben verstehen. Und noch einiges mehr. Der muss nicht überzeugt werden. Du erkennst ihn beim Blick in die Augen. Sag nichts. Nichts mehr. Lass ihn zusteigen zur Fahrt. Laß ihn Platz nehmen. Sprich nicht. Sieh hinaus. Der Mond sagt alles, was gesagt werden muss.


09:43. Teneriffa.

Nach der Ankunft fahren wir ewig nach Puerto, immer an der Küste entlang. Anfangs taucht die aufgehende Sonne alles in Rot. Aber ähnlich wie in allen spanischen Touristenregionen ist auch hier alles schon verbaut und/oder mit Baustellen überzogen. Das Teide Mar ist auch nicht mehr das jüngste, und seine Gäste scheinen es auch nicht zu sein, aber nun gut. We are not here to be happy.

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Mittwoch, 19. April 2006
Nachts...
ankommen und am Morgen aus dem Fenster schauen in einer fremden Stadt.

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madrid
als ich am nachmittag aus dem haus gehe und mich aufs fahrrad schwingen will, um noch ein paar erledigungen zu machen, muss ich feststellen, dass sie mir beide bremsen und den umwerfer geklaut haben. so ein mist. also mach ich mich relativ übelgelaunt zum flughafen.

bis ich dann - nach checkin, briefkastensuche, underberggeschenkpack- und reiseführerkauf - endlich am gate ankam war es viertel vor sieben und die leute standen schon zum boarding an, was mich erstmal nicht beeindruckt. dann ruft t an, wünscht nachträglich frühe ostern und macht verheißungsvolle andeutungen. wir verschieben das gespräch auf nächste woche, denn jetzt stell ich mich doch an, nicht zum boarden, sondern um in den wartebereich zu gehen. kaum dort angekommen, geht das boarden los, nach sitzreihen. ist das ein stress. um 19:11 sitz ich dann schon im flugzeug. naja, dann kann ich wenigstens hier noch 20 Minuten was machen.

sobald ich im flugzeug sitze, beginne ich mich zu entspannen. als ich in madrid ankomme, habe ich eine sms mit wünschen und grüßen bekommen, nicht dass ich mir etwas darauf einbilde, dazu bin ich zu vorsichtig geworden, aber meine laune hat sich dann endgültig aufgehellt.

in der wg wohnen alvaro, lukas und quique, und bis halb drei unterhalte ich mich dann noch mit alvaro. er studiert architektur, hat vorher musik gemacht und hat selbst ein projekt im workshop.

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Montag, 31. Oktober 2005
Helsinki I
Kurz vor Tampere durchbrechen wir die geschlossene Wolkendecke und sehen zum ersten Mal Finnland: eine waldige Seenlandschaft, die allen Vorstellungen entspricht und schneebedeckt-friedlich da liegt. In Tampere ist es dunkel als wir landen und kalt, aber im Bus zum Bahnhof ist es gemütlich und der Expresszug bringt uns dann in immerhin nur 1,5h nach Helsinki, wo B uns am Bahnhof abholt. Wir schließen unser Gepäck weg und ziehen los: erst in den Tourinepp Zetor, die Kneipe der Leningrad Cowboys, dann in die bar Ateljee, oben im Hotel Torni, von wio man, wie T ankündigte, einen hervorragenden Blick über Helsinki hat. zum Abschluss landen wir im barfly, dessen unsausprechlichen finnischen Namen ich vergessen hab. nachts dann bei B sitzen, 3 Pizzen verdrücken und reden bis zum einschlafen.



Am nächsten Tag erstmal die Uni anschauen in Espoo, gebaut von Aalto. Interessanter aber finde ich das Kongressgebäude Dipoli. In einer der 6 Mensen essen wir zu Mittag (die Finnen trinken Milch zu jeder malzeit !) und dann nehmen wir den Bus nach helsinki, wo wir bei ziemliecher Kälte zum hafen laufen und die Fähre nach Suomenlinna nehmen, eine festungsinsel vor helsinki, die im Sommer wohl viele Kunshandwerker und cafés biorgt, jetzt aber ziemlich verlassen ist. Es ist kalt und windig, aber es tut gut am Meer zu sein und der Himmel ist tiefblau. ein Blau, das die Minolta nicht einzufangen vermag. wir laufen einmal komplett über die Insel dann fahren wir zurück.



In Helsinki setzt langsam die Dämmerung ein und über einige interessante Umwege kommen wir schließlich halb erfroren im KIASMA an, einem jugendlich gehaltenen Muzseum für zeitgenössische Kunst, indem zur Zeit 2 Ausstellungen zu sehen sind, politische Kunst und First we take Mueseums, deren Konzept mir nicht ganz einleuchtet, es geht irgendwie um Pop, jugendkultur... na ja, das Gebäude ist klasse und einige der Exponate sind auch spannend, finnische Fotografie gibt es, einige wenige Installationen. Eine schöne Arbeit ist das Drahtgittermodell eines Dorfes, dessen Schatten an der Wand rotiert. Hängen bleibe ich eine Weile auf einem Sofa vor der Videoinstallation "We'll miss the things that stay" von Johanna Domke, 1978 geboren, die Arbeit ist ein Berlinfilm, dazu läuft der Reprise-Loop von Sophia aus Absolute Giganten und ich erkenne mich in ihr wieder oder jemanden, der ich war, als ich noch in Berlin lebte, oder jemanden, der ich bin, wenn ich Berlin besuche.

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