Donnerstag, 23. Februar 2006
Day 50
Tag 50 beginnt mit einem Blick auf die dicke weiße Wand, die sich zwischen den Himmel und die Äste vorm Fenster geschoben hat. Es ist wieder kälter geworden, aber mit der Kälte umzugehen sind wir ja inzwischen gewohnt. In der S1 von Wiesbaden nach Frankfurt sitze ich lange regungslos und schaue aus dem Fenster auf Agrar- und Industrielandschaften. Rauchende Schlote hinter tristgrünen Äckern mit kahlen knorrigen Obstbäumen darauf. Heute ist Weiberfassnacht, da wird den Männern der Schlips abgeschnitten, denke ich, nur dass ich vielleicht zum letzten Mal einen trug, als ich 17 war, oder jünger, einen albernen schmalen grauen Lederschlips, so ein 80er Ding. Manchmal braucht Erkenntnis ihre Zeit, aber manchmal ist sie auch schneller da, als man es sich wünscht. Da ist die Erkenntnis da, aber kein Ende in Sicht, nur irgendwann kommt es doch, kommt Tag 50 der Frühling die lange Reise zur aufgehenden Sonne, was dann bleibt ist die Erinnerung an Worte, die man niemals schrieb oder las und an die Drachen, die man sah, jenseits der Meerenge, hinter den Eisschollen, vor denen man sich fürchtete und die man doch so schön fand.

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