Mittwoch, 8. Februar 2006
Der Zukunft zugewandt
Ein wenig später, während wir durch die Brandenburgische Steppe gleiten, höre ich den Alva Noto Live Mix vom Sonarfestival 2004, den J mir mitgegeben hat. Durch die grünbraun getönten Panoramafenster des Raumgleiters sehe ich weiterhin müde Felder schneerestbedeckt, zerrissen von kahlen Baumgruppen, eine Allee der nackten Buchen dort drüben, hier eine Wiese, die unter Wasser steht, dort drüben eine Gruppe mit Kiefernmütze, aber am Gleis gegenüber steht eine endlose Parade von Bahnarbeitern in blauen Hemden, die alle den Nicolaischen Gesichtsausdruck haben, eine abwesende Ernsthaftigkeit, mit der sie große Vorschlaghämmer auf die Schienen hinunterschnellen lassen, eine Mauer aus stählernem Rhythmus errichtend vor der weiten jetzt milchigen Landschaft, keine steife Stählernheit, sondern eine östliche, getrieben von einem Glauben an eine in der Vergangenheit geerdete Zukunft.

link (0 Kommentare)   | kommentieren


Los rollen
Die Stadt ist graubraun gefärbt, ein schmutziges Sepia, als ich im ICE Richtung Frankfurt los rolle. Anni Friesinger auf dem Bahnmagazin deutet ein Lächeln an in meine Richtung, mit hochgezogenen Augenbrauen, die mich an act denken lassen. Zufrieden schaue ich auf die vielen Brachen, die es trotz Ordnungswahns noch zwischen Ostbahnhof und Zoo gibt und denke an das Gespräch mit dem Taxifahrer vorhin: Sie haben Berlin wegen Frankfurt verlassen? Nicht wegen Frankfurt, aber wegen einer guten Stelle, antworte ich pflichtbewusst und wahrheitsgetreu, denn so war es ja auch, aber heute, denke ich, fände ich das durchaus legitim: Berlin wegen Frankfurt verlassen, die Argumente habe ich allenthalben angeführt und nicht nur das heutige Wetter gibt mir recht, aber jetzt sind wir gerade am Zoo angekommen und der Sturm der Menschen aufs Abteil reißt mich aus den Gedanken.

link (0 Kommentare)   | kommentieren