Freitag, 10. Oktober 2003
# Nahkampf
(Aus meinem Skizzenbuch.)

1) Je weiter wir in unseren alltäglichen Überlegungen zielen, desto mehr verlieren wir die Nähe aus den Augen.
2) Der "Nahkampf" aber bringt uns gelegentlich wieder zur Ruhe.
3) Die ausschließliche Beschäftigung mit Dingen, die unmittelbar "da" sind, gibt Geborgenheit.
4) Wenn es etwas wie ein telematisches Zeitalter gibt, dann ist es davon geprägt, dass Zeit|Raum Reisen zum allgemeinen Daseinszustand geworden sind.
5) Für den Reisenden wird Nähe (zeitlich räumlich körperlich geistig) zum eigentlich Ort der Erholung.

Ich setze mich hin, regungs- und gedankenlos und betrachte die Dinge um mich herum. Ich entdecke das Vertraute neu. Ich höre auf die Stille (die es seit 1 Woche nicht mehr gibt).

Der Unterschied zwischen der (o.g.) Nähe und den alltägl. Fernreisen ist vergleichbar dem zwischen Lyrik und Epik. (Im gem. Sinne des Epischen, nicht Prosa, die kann zuweilen der Lyrik näher stehen als der Epik)
Das gilt für die Produktion ebenso wie für die Rezeption.
Lyrik ist Annäherung. Zoom in. Gegenstände in die Hand zu nehmen, zu wenden, zu fühlen, von vorne und hinten zu betrachten. Auch Überraschung. Überraschung, die im Kleinen liegt. In der Durchbrechung eines allzugewohnten alltäglichen Musters.
Rein körperliche Defekte bringen uns oftmals dem Lyrischen näher. Krankenheiten, die das Bewußtsein anregen (wie Fieberzustände) schicken uns oftmals auf epische Reisen.

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