Mittwoch, 30. April 2008
Großwetterlage
Eine der schönen aber auch merkwürdigen Erfahrungen, die man macht, wenn man ständig zwischen verschiedenen Städten verkehrt, ist die gesteigerte Wahrnehmung für die Wetterlage einer Stadt.

Seit gut 4 Monaten reise ich nun zwischen Frankfurt, Hamburg und Berlin hin und her, alleine in den letzten zehn Tagen war ich in Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Hamburg und - seit gestern abend - wieder in Frankfurt. Während es am Wochenende in Berlin schon das typische Berliner Kontinentalsommerwetter gab - früh und spät sehr kühl, am Tage dagegen bereits eine kraftvoll brennende Sonne, fiel Hamburg am Montag in die Zeiten des kalten Frühlings zurück: Regen und Temperaturrückgang und grauer Himmel, der in Hamburg jedch nie drückend, sondern immer von Meerwind getrieben ist. Gestern abend in Frankfurt gabs dann die typische Frankfurter Maiatsmosphäre. Die Leute schon in Feierlaune, im Bahnhofsviertel am Ipanema standen verfrühte Maifeiertagstrinker und sangen laut I've been searching for a heart of gold, in der Tram hier und dort Gespräche, wie man die freien Tage verbringen würde und das Abendrot war wieder von einer Intensität, wie es sie in dieser Regelmäßigkeit nur in Frankfurt hat.

Die (vielleicht sehr banalen) Gedanken zum Wetter kamen mir jedoch vorhin mein morgendlichen Lauf durch den Günthersburgpark zur Post und wieder zurück. Der Park ist zur Zeit eine grünleuchtende Blumenwiese, ungemäht und in der Früh noch feucht, und ich überlegte, ob diese Beobachtungen vielleicht mit meiner aktuellen Lektüre von Murakamis "Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede" zusammenhängt. Oder andersrum: lese ich diese Buch gerade, weil es in mein Leben so gut reinpasst? Wie auch immer, es gibt diese Momente, wo einem ein Buch genau zum richtigen Zeitpunkt in die Hände fällt. Vor mehr als zwei Jahren, in Taipeh am Flughafen, auf dem Weg nach Bali, war es das Book of Illusions. Es hat in gewisser Weise den Lauf meines Lebens verändert. Murakamis autobiographische Laufbetrachtungen haben nicht diese Tiefe, aber gerade deshalb kommen sie im richtigen Moment. Einem Moment der Ausgeglichenheit, der kraftvollen Ruhe. Und des Ältergewordenseins. Wenn ich aus dem Fenster in den blauen Himmel schaue denke ich an die Worte, die Ploog mir vor nun fast 10 Jahren im Interview im Literaturhaus auf der Bockenheimer sagte: "Frankfurt ist genauso gut wie jeder andere Ort." (Dass er hinzufügte: "Ich wüsste keinen besseren, ausser wenn ich eine vorsichtige Ausnahme machen will, vielleicht Berlin. Als städtischer Ort zieht mich Berlin an." unterschlage ich hier für den Moment. Jedenfalls brauchten wir danach 10 Stunden in der stürmischen Nacht um mit dem Mietwagen zurück nach Berlin zu kommen.)

Jetzt muss ich aber unter die Dusche.

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