Sonntag, 8. April 2007
Ostersonntag
Als ich am kommenden Morgen aufwache, scheint die Sonne. Durch das verstaubte Fenster der Datscha kann ich den Kirschbaum sehn. Ich räume auf und fahre zurück in die Stadt. Zuhause springe ich unter die Dusche und entscheide mich dann doch für ein Bad. Zum ersten mal seit Jahren - bis auf eine Ausnahme, eine Nacht im Hotel, auf den Cepheiden - bade ich. Ich liege im heissen Wasser und habe den Vorhang zurückgezogen, dass ich den Himmel sehen kann. Er ist blausilbrig und wolkenlos. Ich schließe die Augen und summe Sams Lied. Später gehe ich in den Park, ich schlenderte umher und seh den Balkaniern beim Boule spielen zu. Überall im Park, in Astgabeln und Büschen und hinter Parkbänken, sind Ostereier versteckt.

Im Park treffe ich Hank, er ist gerade erst zurück aus Baikonur und soll mir schöne Grüße ausrichten von einigen Kosmonauten, die auf kurzer Zwischenstation im Hafen waren. Sie hätten versucht mich zu erreichen, sagten sie ihm, und mir mehrmals eine Nachricht hinterlassen. Ich solle mich doch mal melden. Ich murmelte etwas von defektem Communicator und dass ich mich bei ihnen melden würde und wünschte Hank noch schöne Ostertage.

Die Wahrheit war: ich hatte die Nachrichten gehört. Die Kosmonautin hatte angerufen und Doctorow, aber im Grunde hatten sie mir nur gesagt, dass sie eigentlich nichts zu sagen hatten. Deshalb gab es auch keinen Grund zurückzurufen. Wenn mir jemand wirklich etwas sagen wollte, gab es Wege dies zu tun. Jeder muss für sich Entscheidungen treffen. Ich hatte meine getroffen.

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Replay
Und dann gab es da noch den Augenblick, als Sam ihre Gitarre nahm und zu singen begann und der Himmel mit einem Mal wolkenlos war und wir die Sterne sehen konnten. Selbst die, die es längst nicht mehr gab. Wieviel mehr man doch sah, von hier unten. Und ich steige noch einmal aus dem Shuttle. Ein letztes mal gehe ich die Gangway hinab.

I've had to let go of so much
It's hard to hold on now
Something far off is pulling me and
When I go this time I don't think I'm coming back

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BBQ
Ein paar Tage nachdem ich aus der Wüste zurück bin, fahre ich zur Datscha meines Großvaters, um gerade an dem Tag die Grillsaison zu eröffnen, als ein kalter Nordost über die Stadt zieht. Die Leute kommen trotzdem, in dicken Westen und Mänteln, alte Bekannte und neue sitzen wir abends zwischen wilden Kirschbäumen am Rande der Stadt. Die Sterne blitzen nur manchmal zwischen den Wolken auf. Im Schuppen lugt die alte Antonov hervor, auf der ich als Junge meine ersten Flugversuche unternahm, ich werde sie mal wieder in Betrieb nehmen, denke ich, aber noch nicht, ich habe Zeit, viel Zeit, und ich schaue mich in der Runde um und muss daran denken, wie sehr mir das gefehlt hat, in all den Jahren im All. Die Ruhe, der Geruch der Erde und des offenen Feuers und der Kirschblüten und das Rauschen des Windes.

Ich sehe zu Mika hinüber, der Schoten erzählt aus seiner Schulzeit in der östlichen Zone und die Gesichter der anderen lauschen und lachen, nicht laut, es sind stille Menschen hier, jeder hat genug gesehen, die Gesichter erzählen Geschichten und haben nichts gemein mit den glatten Masken der Kadetten, die jedes Jahr neu an Bord kamen, strotzend vor Ehrgeiz, der ihnen meist schon in den ersten Wochen ausgetrieben wurde oder den verschlagenen Mienen der Freibeuter, die umherzogen in den Randgebieten, auf der Suche nach schnellem Geld, oder den gehetzten neurotischen Blicken der fliegenden Händer, die es irgendwann einmal hierher verschlagen hatte, auf der Flucht vor einer besseren Wahl. Ich schaue zu Mika und den anderen in der Runde und ich sehe Gelassenheit und Mut, Mut, den Dingen zu begegnen wie sie sind und ich lege noch ein Steak auf den Grill und schüre das Feuer.

Kurz bevor er geht, fragt Jorge, der Lehrer, ob ich nicht einmal in der Schule vorbeikommen und von meinen Raumreisen erzählen möchte. Raumzeitreisen, korrigiere ich ihn, mit bedeutungsvoll selbstironischem Ton, und: Ich werde darüber nachdenken. Vielleicht mache ich das eines Tages....

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